3 Gründe, wieso Nepp Strache besiegt hat
Der neue FPÖ-Chef ist über Strache hinausgewachsen - durch gute Vorbereitung
Gestern liefen auf ORF3 die letzten TV-Duelle. Ich habe sie zugegebenerweise nicht immer verfolgt dieses Jahr - wenn man die eigene Wahlkarte schon ausgefüllt hat, ist man dazu irgendwie weniger motiviert -, aber gestern kam es zu dem Showdown, den ich als politischer Beobachter schon unbedingt sehen wollte: Strache vs. Nepp. Alte FPÖ vs. „neue“, wenn es überhaupt einen Unterschied macht. Es versprach, eine Schlammschlacht zu werden.
Den überraschendsten Punkt gleich vorab: Für mich war Dominik Nepp der klare Gewinner dieser Debatte. Überraschend war das insofern, als HC Strache seit über ein Jahrzehnt stellvertretend für die FPÖ stand und dass es tendenziell schwierig ist, eine Partei mit derartigem Führerkult auf einmal von eben diesem abzubringen. Aber ich glaube, das ist Dominik Nepp gut gelungen. Dafür gibt es drei Gründe.
#1: Keine Schlammschlacht
Entgegen aller Erwartungen wurde das Duell nicht die Schlammschlacht, die man vermutete. Sowohl Spesenkaiser Strache als auch der damalige Finanzverantwortliche Nepp sind in diverse mutmaßliche Korruptionsgeschichten rund um die FPÖ verwickelt - umso besser fand ich die Strategie von Nepp, nach Straches anfänglichem „Alles falsche Vorwürfe“-Monolog direkt das Thema zu wechseln. Er betonte sinngemäß, dass man die begrenzte Zeit des Duells lieber für Diskussionen über Politik nutzen sollte - der Akt von Strache sei ohnehin zu dick, um ihn abzuhandeln.
Das betonte gleich mehrere Dinge, die den Wählern gut gefallen dürften:
Nepp hat kein persönliches Interesse daran, Korruption zu diskutieren. Wenn er das hätte - also irgendwie negativ involviert wäre - würde er wohl auf Straches Vorwürfe eingehen und seine Zeit dafür nutzen, seinen Namen reinzuwaschen. Was aber, wenn es nichts reinzuwaschen gibt? Genau das suggeriert Nepp mit seinem Appell, doch bitte nicht über den lästigen Strache-Akt zu diskutieren.
Er nahm Strache somit auch die Zeit, über sein Lieblingsthema zu reden. Die einzige Chance für Strache, in den Gemeinderat einzuziehen, ist, so gut wie möglich den Saubermann zu mimen - auch, wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie Menschen sein müssen, die das glauben. Wenn Strache nicht über sich redet, kann er nur über Inhalte reden. Und das sind dann immer noch FPÖ-Inhalte.
Nepp zeigt: Ihm geht es um Politik, und nicht um Persönliches. Das führt mich auch gleich zum nächsten Punkt:
#2: Betonung menschlicher Qualitäten
Während Strache immer wieder von der “Ibiza-Bande” und seinen eigenen Verwicklungen reden wollte, wechselte Nepp nicht nur das Thema, sondern auch die Art des Vorwurfs. Strache konzentrierte sich stark darauf, was Nepp wusste und warum dieser nichts gegen die Rechnungen gesagt habe, die Straches Mitarbeiter (angeblich ohne dessen Wissen) gestellt hatten. Nepps Vorwürfe aber waren nicht korruptionspolitischer, aufdeckender, sondern persönlicher Art.
Nepp fragte Strache unter anderem danach, wie er mit seinen früheren Mitarbeitern umgehen würde und zitierte dabei auch aus einem Artikel, der konkrete Vorwürfe erhob. Er insinuierte damit, dass es Strache nur darum ging, seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu stehen - was durch Ibiza und alles, was danach passiert ist, durchaus glaubwürdig ist. Außerdem betonte er mehrmals, dass er selbst gerne bescheiden sei, während es seinem früheren Parteichef nur um sich selbst gehe. Und da genau das Straches Playbook ist, lief er direkt ins Messer: Und rede weiter von Ich, Ich, Ich.
Zeigt sich übrigens auch im perfekten Instagram-Posting dafür:
#3: Niemand ist der „echte Rechte“
Ein weiterer Punkt, der mir positiv aufgefallen ist: Nepp hat nicht das Duell in den Vordergrund gestellt, wer denn glaubwürdiger das FPÖ-Programm vertrete. Ich glaube übrigens auch nicht, dass er das muss. Immerhin ist er bei der Partei, die dieses Programm hat, während Straches „Parteiprogramm“ den Namen kaum verdient und eine schlampige Sammlung von Bullet Points und oe24-Screenshots ist. Und außerdem gibt es ein Video, das beweist, dass die Vertretung des kleinen Mannes offenbar doch nicht ganz ernst gemeint war.
Ich habe gefürchtet - und fürchte es ein bisschen auch weiterhin -, dass die Freiheitlichen und das Team Strache, sollte es nach der Wien-Wahl weiter überleben, sich gegenseitig überbieten wollen, wer denn rechter sei. Blaue Politiker fallen regelmäßig mit Antisemitismus, Wiederbetätigung und Hetze auf, und auch auf Straches Liste finden sich Verschwörungstheoretiker und Rechte aller Art. Diesen Wettlauf darum, wer die härtesten Nazis anzieht - und ich meine literally Nazis, nicht missverstandene Konservative - braucht niemand. Und ich bin doch ein bisschen froh, dass Nepp dieses Spiel nicht mitgespielt hat. (Strache hätte es vermutlich auch gewonnen.)
Fazit: Hard Work Beats Talent
Man merkte in dem Duell, dass Dominik Nepp wesentlich besser vorbereitet war. Er hatte auf so gut wie jeden Punkt eine (für seine Wählergruppen) gute Antwort parat und hatte einen Plan, wie man Straches Playbook gegen ihn nutzen kann. Dessen Plan, der bessere Rechte mit Saubermann-Image zu sein, ging voll nach hinten los: Nicht nur ist er jetzt erst recht der mit Dreck am Stecken, sondern außerdem ein offensichtlicher Egoist, der nicht weiß, wann es genug ist. (Hier orientiert sich Dominik Nepps Spin ausnahmsweise an Fakten.)
Dieses Duell zeigt für mich wieder mal, dass harte Arbeit sich einfach lohnt. Strache hat den großen Namen und historische Errungenschaften - aber wer sich auf die immer gleichen Phrasen verlässt und denkt, dass das schon reichen wird, wird irgendwann tief fallen. Auch als jemand, der von beiden Parteien sehr weit weg ist, kann man aus diesem Duell viel Lehrreiches mitnehmen.
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