Hype ist eine lustige Sache. Es gibt da so eine App, die schon seit einiger Zeit auf der Agenda jedes Tech-Beobachters ist und vom Rest der Welt - vielleicht auch zurecht - ignoriert wurde. Und von einem Tag auf den anderen sind alle meine Social-Media-Feeds voll mit der einen Frage:
Was ist eigentlich Clubhouse?
Und wenn jeder einmal die Frage stellt und keiner eine Antwort hat, wiederholen eben die eine Frage. Wenn jeder fragt, was Clubhouse eigentlich ist, ist das furchtbar interessant und auf einmal entsteht der Eindruck, dass da ein ganz großes Ding passiert. Ich hab keine Ahnung, ob das jetzt das Next Big Thing wird - aber ich lese genug Silicon-Valley-Beobachter, um dazu etwas sagen zu können.
Und weil ich eben ein Social-Media-Erklärbär bin und mich das viele Leute auch privat fragen - weil sie glauben, dass ich eine gute Antwort geben kann - gibt’s hier eben die Antwort darauf, was das eigentlich ist.
Clubhouse ist ein audiobasiertes Social Network
Wie die meisten sozialen Netzwerke ist Clubhouse eine App. Aber anders als bei anderen Plattformen geht es dabei nicht um Text, Bild oder Videos, sondern um Audios. DIE PRESSE schreibt darüber:
Es ist eine Mischung aus Talkshow, Podcast mit Mitmach-Option und Twitter-Diskussion. Das Erfolgsgeheimnis: Deutsche Politiker und bekannte Investoren wie Frank Thelen (Höhle der Löwen) treiben sich dort herum und beteiligen sich an unterschiedlichen Diskussionen.
Das heißt, man kann quasi verschiedene Clubhäuser joinen und dort interessante Menschen treffen. “Treffen” klingt so merkwürdig, wenn es um eine App geht - aber im Vergleich zu den meisten Social Media ist ein Voicechat schon intimer als bloßer Austausch von Text ohne Gegenüber.
Jeder kann einen eigenen Club bzw. Raum eröffnen oder anderen beitreten, ähnlich wie z. B. auf Discord. Diese können offen oder geschlossen sein und wie auf anderen sozialen Netzwerken gibt es Räume zu allen möglichen Themen. Dazu gibt es User-Rollen, z. B. Moderatoren, Sprecher oder Zuhörer (die in einem Audio-Raum eben keine Rederechte haben, sondern nur zuhören können).
Clubhouse ist exklusiv
Was Clubhouse besonders macht, ist, dass nicht jeder einfach mitmachen kann:
Normalerweise ist es einfach, ein neues Social Network zu joinen. Man lädt die App runter, gibt seinen Namen ein, evtl. noch seine Telefonnummer und ist drin. Bei Clubhouse klappt das auch, bis man den eigenen Benutzernamen eingibt - der wird aber nur “gesichert”.
Wer dabei sein will, braucht nämlich eine Einladung von einem anderen Clubhouse-User - und die sind momentan rar, weil jeder dabei sein will. Für mich ist also der Username “derSchett” bereits gesichert - aber um Clubhouse zu nutzen, brauche ich noch einen Invite oder Zeit.
Dazu kommt, dass Clubhouse ausschließlich für iPhone-User ist. Wie Apple positioniert sich die App damit im Premium-Segment. Viele werden vermutlich genau deshalb umso mehr für die Einladung geben, weil sie als Gutverdiener gesehen werden wollen.
Und warum sind diese Invites so schwer zu bekommen? T3n schreibt:
Eine weitere Besonderheit von Clubhouse: In deinem Profil wird öffentlich angezeigt, von wem du eingeladen wurdest. Es gibt also gute Gründe, seine Invites mit Bedacht zu verteilen. Wer besonders aktiv ist, kann sich zusätzliche Invites verdienen. In deinem Profil kannst du außerdem zusätzliche Infos über dich angeben und beispielsweise deine Accounts auf Twitter, Facebook, Instagram oder Tiktok hinterlegen. Außerdem kannst du Clubs zu bestimmten Themen beitreten, die eine ähnliche Funktion haben wie die Gruppen bei Facebook – nur ausschließlich auf Audio-Basis.
Clubhouse versteht, wie man Hype aufbaut
Clubhouse versteht die Macht der Influencer.
Die Betreiber der App sind früh an Stars herangetreten, um sie auf ihre Plattform zu bekommen. Eine Strategie, die sich schon bei Instagram bezahlt gemacht hat. Drake, Kevin Hart und Oprah Winfrey gehören z. B. zu den Prominenten, die bereits ihre Fans auf Clubhouse aufmerksam machen.
Mit dem eigenen “Creator Pilot Program” baut Clubhouse eigene Influencer auf, die wiederum neue User anziehen sollen. Die NEW YORK TIMES schreibt dazu:
Most of the users chosen for Clubhouse’s pilot program host popular shows that draw audiences of thousands, though others maintain smaller, more dedicated followings. Think of them as part livestreamer, part podcast host and part community manager.
“The top creators are people with magnetic personalities who attract audiences not just because of their titles and accomplishments, but because listeners want to spend time intimately hearing their thoughts with a chance to weigh-in themselves,” said Josh Constine, an early-stage investor at the venture firm SignalFire who is part of the creator pilot program. “These creators are generating big audiences on Clubhouse even if they don’t have large followings on other social platforms.”
Clubhouse ist (vielleicht) die Zukunft
Warum das Thema jetzt auf einmal so abgeht, hat auch damit zu tun, dass andere Tech-Unternehmen mit großen Augen hinschauen. Audio only ist unkonventionell und offensichtlich spannend genug, dass sich viele Menschen dafür interessieren. Momentan kann ich mir schwer vorstellen, dass die Zukunft darin besteht, wieder basically zu telefonieren - aber wer hätte 2010 gedacht, dass Social Media in Zukunft so stark auf Videos basieren wird? Nicht ohne Grund experimentiert auch Twitter gerade mit Audio.
Auf jeden Fall ist Clubhouse ein spannendes Experiment im Social-Bereich, das momentan vor allem durch Status Interesse weckt. Ich berichte gern mehr, wenn ich dann auch eine Einladung habe.