Der neue Populismus der SPÖ
Sie haben die Themenführerschaft - aber keine Lösungen, die ernsthaft die Inflation bekämpfen würden.
Wer kann sich noch an die zahlreichen Abgesänge auf Pamela Rendi-Wagner erinnern? Mehr als einmal stand sie knapp vor der Ablöse, gerade in Kurz-Zeiten, in der die SPÖ kommunikativ nicht mit der steuerbaren Perfektionisten-Truppe der ÖVP mithalten konnte.
Aber heute scheint sie als Parteichefin fest im Sattel zu sitzen - zumindest, wenn man nicht Hans Peter Doskozil fragt. In Umfragen ist die SPÖ mit Abstand stärkste Partei.
Das mag großteils an der Schwäche der ÖVP liegen, oder daran, dass die ohnehin zu radikale FPÖ sich gerade kannibalisiert. Aber man kann von außen schon feststellen:
Die Sozialdemokratie versucht, kampagnenfähig zu werden.
Mit der Inflation hat die SPÖ ein Thema gefunden, bei dem ihr - für mich eher unverständlich - anscheinend Kompetenz zugetraut wird.
Nehmen wir einen Artikel, den sich die Presseabteilung der Partei nicht besser wünschen hätte können: Der Standard titelt Rendi-Wagner macht Druck auf Grüne bei anstehenden Pensionserhöhungen und schreibt:
"Wir erleben die höchste Inflation seit 50 Jahren", betonte Rendi-Wagner in einer Stellungnahme. Daher sei ein Teuerungsausgleich für die Pensionistinnen und Pensionisten "dringend notwendig, um Armut zu verhindern und die Kaufkraft zu erhalten".
Rendi-Wagner erinnert daran, dass Rauch bereits vor Wochen von einer Erhöhung von acht bis zehn Prozent gesprochen hat. Diese Forderung hält sie "für gerechtfertigt". Die hohen Lebensmittel- und Energiekosten seien gerade für die ältere Generation eine "enorm hohe Belastung". Die SPÖ-Chefin forderte Rauch auf, die notwendigen Zahlengrundlagen auf den Tisch zu legen. Das sei bis jetzt nicht passiert, so Rendi-Wagner: "Das zeigt, dass die Regierung bei den Pensionen keinen Plan hat."
Und Beiträge wie diese sind keine Seltenheit, sondern ein Kampagnenerfolg der Devise Teuerung, Teuerung, Teuerung.
Das Blöde daran, wie über solche Themen berichtet wird: Es bleibt zwar hängen, dass "Druck gemacht" wird, dass die SPÖ "sich dem Thema annimmt" und dass sie "Forderungen stellt". Das hört sich für normale Menschen, die sich außerhalb von Wahlzeiten nur selten für Politik interessieren, gut an - aber welche Policys die Parteien vorschlagen, bleibt auf der Strecke. Und das führt mich zum Kernproblem.
Die "Lösungen" der SPÖ sind gar keine.
Inflation bekämpft man nämlich nicht damit, noch mehr Geld in den Markt zu pumpen. Wenn wir jeder Gruppe, die gerade die Teuerung spürt, Hunderte Euro in die Hand drücken, heizen wir sie weiter an - was in der Welt der SPÖ dann wieder dazu führen müsste, den Leuten mehr Geld zu schicken. Die Forderungen, die sich hinter schönen Formulierungen wie "Druck machen" verstecken, sind Forderungen, die unsere Probleme verschärfen würden.
Das heißt natürlich nicht, dass wir niemandem helfen sollen, der durch die Inflation schwer getroffen wird. Aber dafür gibt es bessere Rezepte. Wir könnten endlich die Steuern- und Abgabenquote nennenswert senken, um Lohnerhöhungen zu ermöglichen, von denen die Leute dauerhaft etwas haben. Die Pensionen werden eh schon an die Inflation angepasst - aber über 10 % für die Gruppe, die in Wahlkämpfen mit Geldgeschenken rechnen darf, halte ich für zynisch.
Man kann Rendi-Wagner also handwerklich dazu gratulieren, dass ihre Partei langsam kommunikative Fortschritte macht. Trotzdem muss man immer im Hinterkopf behalten, dass "allen Geld geben" keine Politik ist - sondern billiger Populismus, der unsere Probleme nicht ernsthaft lösen würde.
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😍 Ein sehr guter Artikel über Optimismus. Not Boring ist einer meiner Lieblings-Newsletter, und erst jetzt habe ich diesen Long Read darüber entdeckt, warum Optimismus gerechtfertigt ist und sich mehr auszahlt als Pessimismus - auch, wenn der für viele “intelligenter” rüberkommt. (Not Boring)
🔵 Wie geht es eigentlich der FPÖ? In diesem Artikel wird gut zusammengefasst, warum es für Herbert Kickl, sagen wir mal, schwierig wird. Ich finde ja spannend, dass die FPÖ trotz aller möglichen Grabenkämpfe zumindest nach außen dicht hält. Dass Oberösterreich und Wien keine großen Kickl-Fans sein dürften, ist trotzdem bekannt. (Profil)