Der wichtigste Fakt, den ich durch den Wechsel in die PR gelernt habe
PR und Journalismus sind keine Gegner
Als Journalist denkt man gerne, dass man es im Griff hat. Die Message, die Berichterstattung, die eigene Arbeit, die öffentliche Meinung. Und obwohl ich dem nicht widerspreche, sind mir seit meinem Wechsel in die PR einige Dinge aufgefallen, die ich davor nicht gesehen habe. Unter anderem die Vorstellung, Journalisten sollten und dürften nicht mit PR-Beratern reden.
Der größte Mythos: PR vs. Journalismus
Es ist nämlich nicht so, dass Journalisten und PR-Leute Antagonisten sind. Wer so denkt, hat dabei vermutlich den unabhängigen Aufdecker im Kopf, der bei einem investigativen Blatt den Mächtigen auf die Finger schaut und sich von niemandem “in die Geschichte dreinreden” lässt. Aber die allermeisten Journalisten sind eben keine innenpolitischen Aufdecker.
Die allermeisten Journalisten arbeiten nämlich in den zahlreichen anderen Ressorts - Chronik, Sport, Wissenschaft, Technik, Lifestyle, Immobilien, alles mögliche. Und da sind Interessenskonflikte wesentlich seltener und weniger bedenklich als in der Innenpolitik. Der Einfluss von Politikern und ihrem Umfeld auf Journalisten ist eine Tatsache - aber wie groß ist der demokratiepolitische Einfluss von kleinen Unternehmen, für die ein Bericht in einer Tageszeitung eine große Sache ist?
Dazu kommt, dass Medien und damit auch ihre Arbeitnehmer unter enormem finanziellen Druck stehen. Print-Abos fallen weg, während Online-Geschäftsmodelle (oft) noch nicht genug einbringen, um die eigene Arbeit zu bezahlen. Journalismus braucht nicht nur Leser, sondern auch Werbung. Die PR hilft hier doppelt: Sie bezahlt mit Schaltungsbudgets für die Reichweite von Medien und hilft gleichzeitig beim Aufbau dieser Reichweite - wenn die Geschichte, die man liefert, gut ist.
Dass PR-Berater Journalisten beim Erreichen ihrer Geschäftsziele helfen, zeigt übrigens auch diese Studie. PR-Praktiker und Journalisten wurden die gleichen Fragen zum Wechselverhältnis ihrer Berufe und zur gegenseitigen Wahrnehmung gestellt. Die Antworten variieren in ihrer Intensität - aber dass PR auch für Journalisten nicht nervig und böse ist, da sind sich beide Branchen einig.
So hilft die PR den Journalisten
Nehmen wir das Beispiel eines neuen Unternehmens, das eine umweltfreundliche Alternative zu einem bestehenden Produkt oder Service anbietet. Der Job der PR ist es, den Kontakt zur Öffentlichkeit - und damit zu Medien - herzustellen. Aus Sicht eines PR-Kritikers könnte man das als Beeinflussung, ja, als Manipulation sehen. Aber eigentlich ist es ein Verbrechen ohne Opfer.
Der Journalist hat trotz knapper Ressourcen eine gute Geschichte, mit der er seine Seiten füllen oder seine Klick-Quote erzielen kann.
Das Medium hat eine neue Geschichte, die ihre Abonnenten oder User konsumieren können - was wiederum mehr Platz für Werbung bietet.
Der Unternehmer kann durch den Beitrag mehr Menschen auf seinen Service aufmerksam machen.
Der Rezipient - also der Leser, der User, der Zuseher - weiß über das Angebot Bescheid und kann sich entscheiden, was er davon hält und ob er ihm eine Chance gibt.
Woran ich in der PR arbeite
Und so ist es bei den allermeisten Geschichten. Wenn ich sage, dass ich PR-Berater bin, denken viele an geheime Hinterzimmerdeals. (Gerade, weil ich im politischen Journalismus war und mich auch jetzt noch dafür begeistere.) Man muss genau aufpassen, was ich sage, es könnte ja alles eine manipulative Absicht haben!
Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die meiste Zeit helfe ich lokalen Unternehmen und Initiativen dabei, Aufmerksamkeit für ihre Produkte, Services oder Anliegen zu finden. Dabei stelle ich den Kontakt in die Medienbranche und mit geeigneten Usern her und sorge für solche Win-Win-Situationen. Der Journalist hat seine Geschichte immer noch im Griff - aber es stört niemanden, wenn ihm jemand dabei geholfen hat.
Mehr “Irgendwas mit Medien”-Content? Kein Problem - abonniere Schetts Update hier kostenlos als Newsletter:
In kürzerer Form gibt’s Medien-Content auch auf meinen Social-Kanälen Facebook, Twitter und Instagram.