Neue Strache-Chats: 😡😑🤬🤮🤐
Ein Text, bei dem ich mich sehr zurückhalten musste – lest selbst, warum
Es gibt wieder neue Chats. Und ich weiß, wir sind da schon ein bisschen abgestumpft, weil permanent neue Chats kommen. Permanent wird belegt, was alle wissen und womit wir uns längst alle abgefunden haben: Österreich ist ein zutiefst korrupter Staat.
Aber ich bin noch nicht abgestumpft. Zumindest nicht ganz. Für mich waren genau solche Medienberichte der Grund, zurück in die Politik zu gehen: 2021 durch die Chats von Thomas Schmid zu sehen, mit was für einer Dreistigkeit da Posten ausgedealt werden, mit was für einem Schmäh das Steuergeld für Parteipolitik ausgegeben wird, war und ist mir einfach zu viel. Und solange das noch so ist, bin ich topmotiviert für Wahlkampf.
Um Wahlkampf soll es aber heute nicht gehen. Zumindest nicht unmittelbar. Weil eigentlich ist ja jedes Herziehen über politische Mitbewerber „Wahlkampf“. Ziel dieses Newsletters ist zwar nicht primär, alle zu NEOS-Wählern zu machen, aber es ist ein Kollateralschaden, der bewusst in Kauf genommen wird, falls er erfolgreich ist. Aber in erster Linie ist es immer noch „Rants vom Schett, die sonst nirgends hinpassen“.
Zum Beispiel, wenn ich strafrechtlich relevante Dinge über Heinz-Christian Strache schreibe.
Was ich natürlich nie machen würde. Aber wenn ich ganz ehrlich und ungefiltert sagen würde, was mir zum früheren FPÖ-Chef einfällt, hätte er vor Gericht wahrscheinlich gute Chancen. Zu erklären warum, ist das eigentliche Ziel dieses Textes.
Denn eben von Strache gibt es neue Chats. Und die belegen Postenschacher in einem, wieder, selbstverständlichen Ausmaß, dass mir wirklich alles hochkommt. Im Verteidigungsministerium, wo sein Parteifreund Kunasek Minister sein durfte, gab Strache Vollgas, wenn es um Besetzungen mit parteipolitischer Motivation ging. Laut einem Bericht des PROFIL schaut das so aus:
Kurze Side Note zum PROFIL: Ich screenshotte Medien ja recht frei, aber da viele Artikel hinter einer Paywall sein könnten und ich nicht schamlos free-riden will, empfehle ich erstens, wirklich auf den Artikel zu klicken und euch die Chats selbst anzusehen, und zweitens, das PROFIL auch wirklich zu lesen. Nicht weil ich Angst hätte, dass die meine Screenshot-Praxis uncool finden, aber weil das Medium seit der Übernahme durch Anna Thalhammer wirklich wieder sehr viel lesenswerter geworden ist. Nach der Medienbeschimpfung letzte Woche kommt es mir angemessen vor, auch mal zu loben.
Anyways, weiter im Text. Ihr werdet euch sicher fragen:
Ist es nicht automatisch „nach unten treten“, wenn man über Strache redet?
Gut möglich, weil Strache eine gescheiterte politische Existenz ist. (Es fühlt sich immer noch gut an, das wahrheitsgemäß schreiben zu können.)
Überlegt mal, was dieser Name in den 10er Jahren bedeutet hat. Strache. So ein hart klingendes Wort, das für viele Jahre die größte Drohkulisse der österreichischen Politik war. Einer, der die österreichische Politik, vor allem Faymann-Rot und Spindeegger-Schwarz, vor sich hergetrieben hat. In Zeiten, als wir uns noch aufgeregt haben, dass die FPÖ eine korrupte und rechtsextreme Partei ist. Remember that? Good times.
Und heute? Heute ist Strache bekannt für den Ausspruch „Zack Zack Zack“, seinen b’soffenen Auftritt im Ruderleiberl, schamlose und handwerklich peinlich plumpe Korruption. Er ist damit beschäftigt, der FPÖ bei der nächsten Wien-Wahl drei Prozent abzuziehen, weil er nicht mehr mitspielen darf, und moderiert in seiner Freizeit russland-freundliche Diskussionsveranstaltungen, Anmeldung unter HC SixtyNine @ Gmail.
Dazu kommt, dass auch politisch von Strache nichts übrig geblieben ist. Sein Bekenntnis zur direkten Demokratie, die ihm ja rhetorisch ein ganz großes Anliegen war, ist daran gescheitert, dass er seine eigene Tschicksucht nicht im Griff hatte, ein kurzfristiges Blockieren des Rauchverbots war ihm da sogar eine Zustimmung zu CETA wert – das Einzige, was unter Türkis-Blau wirklich eine gute Idee war. Der Bundestrojaner kam nicht rechtzeitig, fremdenpolitisch durfte Kickl ein Türschild austauschen, und auch medienpolitisch bleibt außer Postenschacher kein Fußabdruck von Strache. Und es ist wichtig, dass es nur dabei geblieben ist.
Also ja, man kann berechtigt von „nach unten treten“ sprechen. Aber ich finde nicht, dass das unangemessen ist, wenn es um einen Politiker geht, der jahrelang nach unten getreten hat. Dass die alten Herren in den Facebook-Kommentaren heute noch von „Wirtschaftsflüchtlingen“ reden, wenn es um Syrien geht, dass „Remigration“ bei uns kein Schulterzucken auslöst und dass Korruption mit einer derartigen Wurschtigkeit gesehen wird, ist maßgeblich Heinz-Christian Strache zu verdanken. Insofern hab ich kein Problem damit, wenn man ab und zu mal nach unten tritt.
Denn Straches Karriere ist im Nachhinein die größte Frechheit, die es in Österreich bis jetzt gab.
Nicht nur, weil er die FPÖ nach Jörg Haider zur Partei der rechtsextremen Burschenschafter gemacht hat. Sondern auch, weil im Nachhinein klar ist, was für ein Würschtel die österreichische Politik jahrelang dominiert hat – und wie plump die Lügen waren, die er jahrelang verkauft hat.
Denn inhaltlich hat Strache nicht nur durch das Zündeln mit dem Öxit und Anti-Ausländer-Rhetorik gepunktet. Sondern auch mit dem, was schon Jörg Haider groß gemacht hat: Kritik an Parteipolitik und rot-schwarzem Postenschacher.
Und die kam von dem gleichen Wicht, der als Vizekanzler solche Befehle erteilt hat:
Genau das ist das Problem, an dem die österreichische Politik nagt. Jahrzehntelang wurde uns genau von der FPÖ erzählt, dass es ein Ende des rot-schwarzen Proporzes und des Postenschachers braucht. Jörg Haider hat es erfunden, Strache hat es weiterentwickelt, und je nach Datum glauben zwischen 20 und 30 Prozent der wahlberechtigten Österreicher daran, dass ausgerechnet die Blauen glaubwürdig dafür stehen, dieser Praxis ein Ende zu bereiten. Und dann, bei der ersten Gelegenheit, das umzusetzen, zeigt sich, wie die Wahlsprüche wirklich gemeint waren.
„Unsere Leut’“, das war für Strache wohl immer nur „die FPÖ“. Es ging nie darum, dass die Besten den Job kriegen sollen und dass der Staat für die Bürger arbeitet - Straches Partie war einfach nur angefressen, dass sie kein Stück vom Kuchen bekommen. Sie schaffen den Postenschacher nicht ab, sie tasten ihn nicht einmal an. Im Gegenteil: Sie kopieren die Methoden von Rot und Schwarz, und dokumentieren es schamlos. Immerhin geht’s auch in den neuen Strache-Chats um „Unsre Leut“:
Im PROFIL-Artikel wird klar, wie hartnäckig Straches Postenschacher-Wünsche waren. Sein eigener Parteifreund schreibt ihm zurück, dass er eh brav die eigenen Leute bevorzuge, aber man müsse halt mit ihm reden. Das Wirrwarr an blauen Personalwünschen scheint so unübersichtlich gewesen zu sein, dass man im Verteidigungsministerium gar nicht nachkommen konnte.
Und das gerade im Verteidigungsministerium.
Immerhin einem der Schlüsselministerien, wenn es um die Abwehr von Spionage und anderen Sicherheitsrisiken geht. Nachdem aktuell der berechtigte Verdacht aufkommt, dass die FPÖ aktiv an der russischen Unterwanderung des österreichischen Staates mitgearbeitet hat, ist das doppelt und dreifach schlimm.
Im Umwelt- und Verkehrsministerium konnten die Blauen nur durch Stillstand Schaden anrichten. Im Verteidigungsbereich könnte es dafür sein, dass Rechtsextreme und Russland-Freunde an Schlüsselpositionen sitzen. Versteht ihr jetzt meine Wut, wenn es um Chatprotokolle geht?
Denn dieser Fall ist auf so vielen Ebenen verwerflich, dass man sie in einer Liste zusammenfassen muss, um es deutlich zu machen.
Es geht um Postenschacher in Ministerien. Das wäre an und für sich schlimm genug, wenn es darum geht, Menschen wütend zu machen.
Dabei geht es um Posten im Verteidigungsministerium, in dem es immerhin um unser aller Sicherheit geht. Oder gehen sollte.
Im Kontext der Russland-Nähe der FPÖ – der Freundschaftsvertrag mit Putin kommt immerhin aus der Strache-Zeit – ist das ein schlechtes Zeichen.
Wir wissen immerhin auch, dass Strache aktiv an einer Annäherung Russlands an die Verwaltung gearbeitet hat.
Das alles passiert im lockeren Ton in Chats – das ist nicht nur handwerklich deppert, sondern zeigt auch mangelndes Unrechtsbewusstsein.
Noch dazu kommen die Chats von einem, der sich jahrelang als Saubermann im Kampf gegen Korruption inszeniert hat.
Und der noch dazu „Unser Geld für unsere Leut“ plakatiert hat, womit wohl immer nur die eigenen Parteifreunde gemeint waren.
Ich würde diesen Text jetzt gerne mit einer Art Fazit abschließen, wie es mir im Nachhinein mit dem Herrn Strache geht. Aber sogar das Freundlichste, was ich dazu sagen könnte, wäre vermutlich immer noch rechtlich relevant. Fest steht: Wir sollten nicht vergessen, was für … eine Art Mensch … da jahrelang die österreichische Politik dominiert hat.
Und welche Partei es ist, in der solche Leute Platz haben.
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🚩 Über die „nützlichen Idioten“ von Links. Als Powi-Student hab ich so meine Erfahrungen mit Menschen, die alles mögliche zerdenken und relativieren. Aber wo es keine Wahrheit mehr gibt, sondern nur noch Meinungen, fühlen sich vor allem Autoritäre wohl. Das ist auch der Grund, warum viele Linke billige Erfüllungsgehilfen von Russland und China werden. Mein Beitrag für MATERIE.
📈 Über Staats- und Marktversagen. Ich hab ja schon viele Streitdiskussionen darüber geführt, dass man in Österreich gerne „Marktversagen“ sagt, obwohl es um Dinge geht, bei denen vor allem der Staat dahinter steckt. Ein Beitrag, der mir aus der Seele spricht, ist dazu im PRAGMATICUS erschienen.