Es wurde ja schon angekündigt. Nach dem Newsletter „Was ich unbedingt noch loswerden wollte“ kommt unvermeidlich der Newsletter „Was ich jetzt mache“. Und jetzt kann ich’s auch öffentlich machen: Ab heute bin ich Leiter der Strategischen Kommunikation von NEOS Wien!
Diese neue Stelle hat gleich am Anfang eine neue extrem große Herausforderung für mich: Was wär da eigentlich der coolste Jobtitel? „Leiter der Strategischen Kommunikation“ ist so lang und sperrig, „Kommunikationschef“ klingt so chef-bezogen und nach der Art von Chef, der es sehr wichtig ist, anderen was anschaffen zu können. Der Begriff des Spin Doctors gefällt mir ganz gut, aber ist zu wenig etabliert in Österreich und klingt leicht selbstverliebt. Wie wär’s mit liberaler Propagandist? Oder häng ich mir einfach ein brutalistisches Schild mit dem Text „STRATCOM“ an die Wand? Wenn ihr Ideen habt, schreibt mir gern – ich brauch eine neue, coole Bio auf Twitter und Insta.
Aber neben „Ich freu mich“ und „große Ehre“ – was nicht unbedingt ins Konzept dieses Newsletter passen würde, obwohl beides natürlich stimmt – will ich aber wie immer auch was Grundsätzliches dazu sagen.
„Wenigstens ehrlich“
Vor Kurzem habe ich mit einer befreundeten Journalistin darüber geredet, warum es mich eigentlich so gar nicht mehr zurück in den Journalismus zieht und ich stattdessen immer mehr in die „Auftragskommunikation“ nutze. (Mal abgesehen davon, dass auch die Kommunikation von Medien einen Auftrag hat – sie ist halt dem Publikum verpflichtet.)
Für mich ist die Antwort mittlerweile sehr einfach. Und nein, es ist nicht nur die Tatsache, dass man von Boomern mit 60er-Jahre-Verträgen ausgebeutet wird, ohne etwas Kreatives oder Digitales umsetzen zu können, auch wenn das ursprünglich der Hauptgrund für meinen Wechsel in die PR-Branche war. Sondern auch, weil ich mit politischer Kommunikation das machen kann, was ich mir ursprünglich im Journalismus vorgestellt hatte: Verändern, in welche Richtung dieses Land politisch geht.
Ich hab sowohl in meinem letzten Text als Materie-Chefredakteur als auch in meinem privaten Newsletter schon viel darüber geschrieben, warum ich glaube, dass man im Journalismus wenig bewegen kann, wenn es um die Richtung des Landes geht. Aber genau darum ging es mir immer. Journalist zu werden, um Österreich liberaler zu machen, den Gedanken hatte ich, bevor es eine liberale Partei in Österreich gab – mal abgesehen davon, dass ich das Label „liberal“ damals vielleicht noch nicht verwendet hätte. Aber da es eine gibt, bei der ich vielleicht nicht in 100 % der Fälle, aber zumindest in 8 von 10 Fällen dabei bin und die alle für mich wichtigen Boxen checkt, wäre es fast schon unintuitiv, mich nicht einzubringen.
Wahrscheinlich zeigt mir das auch im Nachhinein, dass an mir kein großer Journalist verloren gegangen ist. Denn eigentlich wäre ich eh mehr ein „liberaler Kommentator“ als das, was ich heute selbst als guten Journalisten sehe, nämlich nicht „objektiv“, because there’s no such thing, aber zumindest annähernd äquidistant und mit nötigem Abstand und Fairness zu allen Seiten. (Okay, ich könnte den Georg Renner auch einfach taggen.) Von daher: „Wenigstens ehrlich“, wie die Journalistin gesagt hat.
Aber anyways: Streng genommen ist es auch gar kein Wechsel. Immerhin war ich schon vorher beim NEOS, nur eben im Parlamentsklub. Dass ich von Bundes- auf Landesebene wechsle, hat im Freundes- und Familienkreis eher für Verwirrung gesorgt, weil ich zwar „einen neuen Job habe“, aber gefühlt nicht den Arbeitgeber. Was schon irgendwie richtig ist, bis auf die Tatsache, dass sich mein Fokus und Team ändern und eine andere Entität mein Gehalt zahlt.
Und warum jetzt Wien?
Seit mittlerweile zehn Jahren lebe ich in Wien, und mit jedem Tag wird die Vorstellung absurder, diese Stadt wieder zu verlassen. (Und wenn, dann eher in Richtung London statt zurück nach Salzburg.) Für mich ist es immer noch die einzige Stadt Österreichs und der Ort, an dem man auch als weltoffener, liberaler Mensch, der sich nicht mit „Haben wir immer schon so gemacht“ abfinden will, ein Angebot hat.
Das heißt nicht, dass man Wien nicht besser machen kann – darum sind wir NEOS ja in der Stadtregierung. Was sich dadurch alles getan hat, kann man im Regierungsmonitor der Stadt Wien nachlesen. Der war übrigens auch eine NEOS-Idee: Zur Transparenz gehört auch, dass man einfach nachschauen kann, was die rot-pinke Fortschrittskoalition für ihr Geld macht
Transparenz ist aber auch ein gutes Stichwort. Denn auch, wenn ich einer von ungefähr drei Menschen in Österreich bin, für die dieses Thema mit-wahlentscheidend ist, glaube ich nicht, dass man mit dem (gehaltenen) Versprechen nach mehr Transparenz Wahlen gewinnt. Dafür braucht es schon mehr. Und da ist – Überraschung! – nicht die inhaltliche Performance wichtig, sondern vor allem die Kommunikation. Und damit darf ich mich jetzt beschäftigen.
Ich hab zwar schon vorher „etwas mit Kommunikation für die NEOS“ gemacht, aber doch anders.
In der MATERIE war das Konzept bewusst sehr breit angelegt. Sie ist ein bundesweites Konzept, aber widmet sich auch internationalen Themen, was vor allem rund um die EU-Wahl natürlich von Vorteil war. Die gefühlt 1.000 unterschiedlichen Themen sind allesamt kleine Anknüpfungspunkte für verschiedene Bubbles, um mit NEOS in Berührung zu kommen oder zumindest über liberale Themen nachzudenken.
Die Kommunikation einer Stadtpartei ist natürlich anders. Gerade als Regierungspartei muss man daran arbeiten, den Fortschritt unter die Leute zu bringen – die beste Veränderung ist nichts wert, wenn man nicht weiß, dass sie passiert ist. Es sollten etwa alle Lehrkräfte in Wien wissen, dass es die Wiener Bildungschancen gibt, mit denen man sich kostenlos verschiedene Angebote in die Klasse holen kann: Von Anti-Mobbing-Inhalten über Rhetorik-Workshops und Politische Bildung bis hin zu Berufsorientierung und Wirtschaftsbildung. Das wird ein Teil der Aufgabe sein.
Ich könnte noch lange genug weiter schreiben, aber eigentlich sollte ich genau das nicht tun. Denn eine Strategie ist in der Regel nicht öffentlich, sondern intern – was auch heißt, dass ich die Ideen, mit denen ich im Rathaus ankomme, nicht alle hier aufschreiben werde.
Was mich dazu bringt, was mit diesem Newsletter hier passiert.
Selbstverständlich wird es hier weiter Texte rund um politische Kommunikation geben. Einige innenpolitische Themen werde ich sicher auch noch in die MATERIE schicken, weil ein Baby aufzugeben nicht so einfach ist und ich mittlerweile ganz gut abschätzen kann, was ein Materie-Take ist und was ein Update für diesen Newsletter. Aber zumindest was meine Arbeit angeht, werde ich tendenziell weniger an die große Glocke hängen. Heute wird wohl eine von wenigen Ausnahmen sein.
Trotzdem bleibe ich meiner inoffiziellen Newsletter-Blattlinie „Lasst euch nicht verarschen“ treu und werde weiterhin hier diverse Spins und Diskurse aus Wien und Österreich einordnen. Nicht nur, weil’s einfach super sinnvoll ist und zu meiner neuen Aufgabe passt. Sondern auch, weil ich sowieso nicht anders könnte, als regelmäßig aufzuschreiben, was mir in den Sinn kommt.
Vieles ändert sich, vieles bleibt gleich. Ich freu mich jetzt jedenfalls auf den Start in meiner erste Arbeitswoche. Für mehr schnelle Takes dazu könnt ihr mir ja wie immer auf X-Twitter oder auf LinkedIn folgen – ansonsten lest ihr weiterhin hier von mir.
Lieber Stefan , ich wünsche Dir für die neue Tätigkeit alles Gute und viel Erfolg . Ich hab von Dir schon viel gelernt .
Herzlichen Gruß
Hubert