Die Woche zwischen Weihnachten und Silvester ist meine Lieblingswoche – „zwischen den Jahren“. Die Jahresrückblicke sind im Wesentlichen vorbei, jetzt nimmt man sich die Zeit, so etwas wie einen Zukunftsausblick zu machen. Als jemand, der generell optimistisch in die Zukunft blickt, ist das ein schöner Anlass.
Darum dachte ich mir, ich fülle diesen Newsletter einmal mit meinen Wünschen für das nächste Jahr. Nicht alle sind gleich realistisch, aber alle sind möglich – und das ist doch genug, um mit Inspiration und Mut auf 2025 zu schauen.
Ich wünsche mir ein gutes Regierungsprogramm.
Und nein, das sag ich jetzt nicht nur, um meiner Partei in den Koalitionsverhandlungen ein Shoutout zu geben. Ich wünsche mir nämlich nicht nur, dass wir drin sind, sondern auch, dass am Ende was Gutes rauskommt. Was in einem Regierungsprogramm steht und wie es umgesetzt wird ist viel wichtiger, als wer welches Ministerium bekommt. So sehe ich Politik, und so wünsche ich mir nicht nur das Beste für NEOS, sondern das Beste für Österreich.
Das heißt, ich wünsche mir, dass die wichtigen Themen unserer Zeit es in ein Regierungsprogramm schaffen. Eine Bildungsreform, die nicht mehr am Föderalismus scheitern kann, eine Sanierung des Staatshaushaltes, eine deutliche Senkung der Steuern auf Arbeit. Meinen Kollegen wünsche ich dabei im Endspurt der Verhandlungen, die am 27. schon weitergehen, einen langen Atem – und ganz viel Erfolg.
Ich wünsche mir, dass die KI-Bubble nicht platzt.
Zugegeben, es ist eine Debatte, ob es überhaupt eine Bubble ist oder nicht. Dafür spricht, dass momentan jeder von Künstlicher Intelligenz redet, auch dort, wo es keinen Sinn macht. (Jeder, der die roboterhaften Coca-Cola-Werbungen auf TikTok gesehen hat, weiß, was ich meine.) Dagegen spricht aber, dass die neuen Entwicklungen im Bereich KI nach wie vor „nicht unterscheidbar von Magie“ sind und eine Innovation die nächste jagt, die wirklich etwas kann. Als jemand, der ChatGPT so gut wie jeden Tag nutzt, überwiegt für mich das positive Potenzial.
Darum wünsche ich mir, dass OpenAI, Anthropic, DeepMind und Meta weiterhin neue Anwendungsfälle liefern werden, die mein Leben bereichern. Ich glaube, dass KI das Potenzial hat, nicht nur das goldene Zeitalter der Medizin noch weiter zu unterstützen, sondern unglaublich viele Probleme zu lösen, vor denen wir als Gesellschaft stehen. Wenn „die Bubble platzt“ bedeutet, dass ein paar „ich fake deine Stimme“-Produkte pleite gehen, ist das in Ordnung für mich. Wichtig ist, dass der Fortschritt in einem ähnlichen Tempo weitergeht.
Ich wünsche mir, dass wir die Lehren aus der Trump-Wahl ziehen.
Weltpolitisch war 2024 nicht unbedingt ein Jahr, das Optimismus auslöst. Aber den Pessimismus für 2025 halte ich trotzdem für übertrieben – denn eigentlich geht es nur um Wahlergebnisse, die uns nicht passen. Ich glaube nach wie vor nicht, dass ein Herbert Kickl die Demokratie abschaffen könnte („wollte“ ist eine andere Sache), und genauso wenig glaube ich, dass Donald Trump die USA zum faschistischen Staat macht.
Mir gibt es immer Hoffnung, mich darauf zu konzentrieren, was ich ändern kann. Und als jemand, der in der politischen Arena steht – wenn auch nur im Hintergrund –, konzentriere ich mich auf die Aufgabe, Wahlen zu gewinnen und eine positive Alternative zu stärken. Wenn das alle Anständigen täten, hätten wir kaum ein Problem. Aber dafür müssten wir Folgendes tun:
Nicht Wähler beschimpfen, sondern Wähler verstehen.
Nicht mehr auf Vibes setzen, sondern auf Gefühle.
Nicht glauben, dass Wahlen durch Inhalte entschieden werden.
Wenn die demokratischen Alternativen zu Autoritären das lernen, glaube ich, dass wir den Turnaround jederzeit schaffen können. Ich tu jedenfalls mein Bestes.
Ich wünsche mir, dass die Ukraine nicht aufgegeben wird.
Okay, eigentlich wünsche ich mir, dass die Ukraine den Krieg gewinnt und Russland verliert. Aber in Zeiten, in denen Donald Trump vor der Tür steht, sieht es eher danach aus, als würde ein „Frozen Conflict“ daraus werden, eingefroren an der Frontlinie, die sich am Tag Eins der Trump-Amtszeit ergeben hat.
Wenn wir in einer Welt leben wollen, in der nicht das Recht des Stärkeren gilt, sondern die Stärke des Rechts, dann müssen wir die Ukraine unterstützen. Österreich tut das, aber da geht noch mehr. (Ja, auch mit Neutralität.) Wenn Russland bekommt, was es will – Territorium – dann ist die Lehre für Autokraten aus aller Welt klar. Und Taiwan könnte als nächstes auf der Speisekarte stehen.
Ich wünsche mir einen anständigen Wahlkampf.
Meine größte Herausforderung nächstes Jahr wird der Wien-Wahlkampf. Voraussichtlich im Oktober wird gewählt, und obwohl wir in einer Zeit in der Regierung sind, in der Regierungen weltweit abgestraft werden, schaut es für uns NEOS aktuell ganz gut aus. Aber der Erfolg ist nie garantiert – und auch nicht, dass es ein schöner Wahlkampf wird.
Denn mein Counterpart bei der FPÖ, das ist Harald Vilimsky. Als EU-Spitzenkandidat der Rechten hat er Zeit, einen Nebenjob anzunehmen und den Wahlkampfleiter in Wien zu machen. Ich fürchte, es wird ein grausiges Spektakel. Nicht mehr lange, und die FPÖ Wien erzählt, dass Migranten in Favoriten Hunde fressen. Das alles ist weder gut für das Vertrauen in die Politik, noch für die politische Debatte. Aber ein kleiner Trostpreis ist, dass Dominik Nepp und Harald Vilimsky im Vergleich zu Herbert Kickl Jausengegner sind.
Trotz dieser Aussicht wünsche ich mir einen Wahlkampf, in dem wir über positive Zukunftsvisionen reden können, statt uns gegenseitig böse Absichten zu unterstellen. Das war schon im Nationalratswahlkampf viel zu viel. Ich bin nicht ganz optimistisch, dass es das spielen wird. Aber Wünsche äußern darf man ja.
Ich wünsche mir, dass ihr mir gewogen bleibt.
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Ich wünsche euch eine schöne Zeit „zwischen den Jahren“ – und einen guten Rutsch.
Wir lesen uns.
Lieber Stefan , ich sehe positiv in die Zukunft . Wenn wir in die Regierung kommen , was ich stark hoffe , so werden Neos dass umsetzen , was vor der Wahl versprochen wurde .
Im Fußball haben wir schon oft Gegner als " Jausengegner "
bezeichnet und dann haben wir eine Böse Überraschung erlebt .
Meine Meinung , es geht mir hier nicht um Kickl , in der Fpö gibt es isehr , sehr , viele Kickl" s die versuchen, die Union und unsere Demokratie zu zerstören . Nur sollte man im Parlament regelmäßig darüber reden und Diskutieren so kann man die anders denkenden vor den Vorhang holen .
Hubert Nagy